Simon Cote ist im Stress. Nur noch fünf Minuten bis zum Trainings- beginn und noch so viele Flächen auf dem Hallenboden in Basketball City zu bekleben. Keine Schere zu Hand, also trennt er das Plastik- band kurzerhand mit den Zähnen durch - auch beim anschließenden Individualtraining beweist der 33-jährige Amerikaner Biss. Die Center-Garde will in Schwung gebracht werden.
Headcoach Murat Didin sieht unter den Körben verschenktes Punkte- potential. "Wir versuchen zu häufig von außen zum Erfolg zu kommen. Dabei braucht das Team einfache Körbe." Die Center müssten dorthin gehen, wo es wehtut. "Ich würde es ja selbst machen, aber ich bin zu klein und zu alt", scherzt der 49-jährige Türke.
Die Kästchen, die Assistenztrainer Cote wie moderne Kunst auf dem Parkett drapiert hat, dienen den langen Jungs als Orientierungshilfe. "Sie zeigen, wo der Pass empfangen werden soll. Nicht im Halbfeld, sondern in der Zone, nahe am Korb. Wir reden hier von fundamentalen Unterschieden in der Trefferchance. Schon zwei Schritte können die Wahrscheinlichkeit eines Korberfolgs von 60 auf über 80 Prozent erhöhen."
Mit der Videokamera hält Simon die Ergebnisse seiner Schützlinge fest - und korrigiert, sobald sich Fehler einschleichen. "Halt Malick", ruft Simon und winkt den jungen Senegalesen zu sich, der gerade Robert Maras` Spezialwaffe, den Hakenwurf, einstudiert. Schnell ist Malick an der Seitenlinie und sieht mit eigenen Augen im Sucher der Kamera, wo seine Technik Macken aufweist.
Ständige Selbstkontrolle, persönlicher Zuspruch und Experten-Tipps des Trainerteams - diese Mischung hat aus dem jungen Talent Mario Kasun, der 2002 ohne Spielpraxis zu den OPEL SKYLINERS wechselte, einen NBA Akteur gemacht (vier, an der Freiwurflinie erzielte Punkte und fünf Rebounds in neun Minuten Spielzeit bei Orlandos 87:96 Niederlage gegen Philadelphia am vergangenen Sonntag).
Auch Murat Didin erkennt die Verbesserung seiner "Big Men", hebt besonders Robert Maras hervor: "Es ist für einen Spieler immer schwer, nach langer Verletzungspause sofort den Anschluss zu finden. Robert entwickelt sich sehr gut, braucht aber noch Zeit, um wieder auf seinem Top-Level anzukommen. Er ist unser wichtigster Mann am Brett, weil er sehr viel Spiel- intelligenz mitbringt. Er ist einer, der das Spiel lesen kann. Bei seinem taktischen Verständnis, könnte Robert heute schon als Coach arbeiten."
Hinter Rekonvaleszent Maras und Rohdiamant Badiane lauert Arbeitsbiene Bernd Kruel auf seine Chance. In der letzten Saison stand der "Storch" 18 Minuten pro Spiel auf dem Parkett. Bislang bringt er es nur auf durchschnittlich 8 Minuten.
"Gerne würde ich immer alle Spieler einsetzen", erklärt der Coach. "Aber Herr Naismith hat nun mal vor 100 Jahren festgelegt, dass Basketball nur mit fünf Spielern auf dem Feld gespielt wird. Ich wechsle schon sehr häufig durch, aber es ist eben nicht immer Zeit für jeden da." Er habe Verständnis für persönliche Wünsche, könne seine Marschroute aber nicht danach ausrichten.
"Das Team hat oberste Priorität. Dahinter müssen alle eigenen Ansprüche zurückstehen. Spielzeit kann man nicht einfordern. Man muss sie sich verdienen." Der Hagener nimmt es mit westfälischer Gelassenheit. "Ich muss mich über das Training empfehlen." Dabei hilft Simon Cote - wenn`s sein muss mit Klebeband und Videotapes.