Hey Marius, du hast am Wochenende gegen Ludwigsburg dein erstes Saisonspiel nach deinem Kreuzbandriss absolviert. Jetzt mal unabhängig vom Ergebnis: Wie hat es sich angefühlt, wieder auf dem Feld zu stehen?
Unabhängig vom Ergebnis geht leider nicht so ganz (grinst etwas gequält). Aber wenn ich es versuche auszublenden, dann war es unfassbar gut wieder so nah bei den Jungs und beim Team zu sein. Ich war gar nicht so emotional, als Coach gesagt, dass ich auf das Feld soll. Aber die ersten Sekunden und Minuten waren dann schon ein wenig… naja, seltsam. Ich hab mich am Anfang total fehl am Platz gefühlt, die anderen waren alle so schnell (lacht). Das Level vom Training zum Spiel ist dann doch ein ganz anderes. Aber als ich mich akklimatisiert hatte, lief es ja ganz gut. Ich bin zufrieden mit dem, was ich dem Team geben konnte. Es hat gut funktioniert. Also am Ende wäre ich jetzt der glücklichste Mensch der Welt, wenn ich das Ergebnis ausblenden könnte.
Man hatte den Eindruck, dass du mit richtig viel Energie aufgetreten bist. Du hast sehr viel mit dem Team gesprochen…
… Prinzipiell sehe ich genau da meine Stärken und meine Aufgabe. Ich versuche, die Jungs zusammenzuhalten und mit ihnen zu reden. In so einem Huddle ist es ja manchmal auch fast egal, was man sagt. Man will eher dieses Wir-Gefühl noch mal stärken. Das fällt mir leicht und ist auch immer wieder vom Coach so gewollt, dass ich das forciere. Dass es jetzt in diesem Spiel so ein wenig überschwenglich war, lag bestimmt auch an den Endorphinen und der Gesamtsituation. Ich habe mir auch noch ein paar Szenen angeschaut und mir gedacht ´Uiuiui, jetzt dreh ich aber wirklich durch´ (lacht). Manchmal ist in diesen Fällen ein wenig mehr gar nicht so schlecht.
Nimm uns doch noch mal zurück in deine Reha. Wie hast du diese Zeit erlebt, was waren Höhen und Tiefen?
Es war keine ganz einfache Zeit, da es für mich ja auch die erste langfristige Verletzung war. Was man immer hört und was häufig gesagt wird, nämlich, dass es viele Höhen und Tiefen gibt, kann ich mittlerweile bestätigen. So eine Reha verläuft nie einfach nur geradlinig. Ganz allgemein sah mein Tagesablauf so aus, dass ich morgens zu SPOREG gegangen bin, habe dann drei bis vier Stunden meine Behandlungen bekommen. Die Therapeuten achten da sehr auf die Nuancen. Die passiven Behandlungen sind zum Beispiel Magnetfeldtherapie, Ultraschall oder Elektro. Das war eigentlich der größte Teil. Der anstrengendste Teil ist dann der Muskelaufbau. Ich war sechs Wochen in Schienen, da war vom Quadrizeps nicht mehr so viel vorhanden und das musste wieder hergestellt werden. Morgens standen dann zwei Stunden unter Anleitung nur Beintraining auf dem Programm. Es gibt Phasen und Tage, da läuft es gut und man ist total motiviert. Aber genauso gibt es Tage, da geht einfach gar nichts und man merkt keinen Unterschied oder eine Verbesserung. Aber da muss man sich einfach durchkämpfen. Abends bin ich dann immer zum Teamtraining gegangen, habe mich da auch noch mal behandeln lassen und später dann individuelle Einheiten mit unserem Athletiktrainer Dennis absolviert. So gut und schön es immer bei SPOREG war, man hat ja eine Menge anderer Sportler kennengelernt und sich ausgetauscht und mit den Therapeuten verstehe ich mich auch sehr gut, bin ich aber jetzt gar nicht so böse, dass ich da erst mal nicht mehr hin muss. Wobei ich diese Woche noch mal hingehe, um mich von allen zu verabschieden und Danke zu sagen (grinst).
Wie war es dann wieder ins Teamtraining einzusteigen?
Das war am Anfang auch eher ein Rückschlag, denn man musste ja immer abwägen, wie viel Schmerz ist in Ordnung? Wie weit kannst du gehen? Bei den ersten Versuchen sind auch immer wieder Dinge passiert, die mich ein wenig zurück geworfen haben. Das war daher so schwierig, weil ich eigentlich kurz vor der Rückkehr ins Team stand, aber dann eben Kleinigkeiten immer wieder dazwischen kamen. Ich habe jetzt zwar immer noch ein wenig Schmerzen, aber die kann man jetzt ignorieren. Und ich kann mich noch an das erste Teamtraining erinnern, dann das Trainingslager und das Spiel – das sind natürlich tolle Momente.
Du hast das Trainingslager angesprochen. Erzähl doch mal ein wenig darüber, wie sah das Training aus und gibt es die eine oder andere Anekdote, die es zu erzählen lohnt?
Das Trainingslager hat sehr gut funktioniert. Die Rahmenbedingungen, wie das Hotel, die Halle oder der Kraftraum, waren sehr gut und wir konnten sehr konzentriert arbeiten. Ich glaube, es war für das Team auch einfach wichtig, mal rauszukommen und einen Tapetenwechsel zu haben. Insgesamt war die Stimmung sehr positiv und wir hatten diese angespannte Vorfreude auf das Spiel gegen Ludwigsburg. Wir haben morgens in der Halle immer eine recht lange Teamtrainingseinheit absolviert. Der Fokus lag auf unserem Zusammenspiel und was wir tun müssen, um erfolgreich zu sein. Wie wir in der Offensive die Punktelast mehr und besser verteilen können. Diese Dinge sind uns auch ganz gut gelungen. Im Training ging es immer ordentlich mit viel positiver Energie zur Sache. Abends war dann Krafttraining, bzw. auch das Teambuilding. Beim Canyoning hatten wir eine tolle Tour und da freuen sich ja auch einige aus dem Team immer besonders drauf (lacht).
Du lachst so verschmitzt. Was steckt da dahinter?
Naja, das Wasser war schon extrem kalt und als man das erste Mal reinmusste, da habe ich schon gedacht ´Oh Mann ist das kalt´ und als der Tourguide sagte, dass wir in fünf Stunden unten seien, da musste man schon schlucken und man hat ein paar nervöse Blicke gesehen. Aber es ist ja alles gut gegangen (grinst). Da waren tolle Aktionen dabei: Sprünge, Rutschen, Abseilen, viel Wasser. Das ist immer toll zu beobachten: Wir haben ja immer paar Jungs dabei, die nicht unbedingt die besten Schwimmer sind, aber die finden dann trotzdem den Mut und werden von der Gruppe unterstützt, sich ins Wasser zu schmeißen, die Sprünge mitzumachen und daran Spaß zu finden. Das schweißt als Gruppe auf jeden Fall zusammen. An einem anderen Abend sind wir sehr lecker essen gegangen, da gibt es vielleicht auch noch eine Geschichte: In dem Restaurant wo wir waren, spielt immer so eine Mariachi-Band mit sieben Gitarristen und die haben natürlich auch bei uns länger gespielt. Die haben dann ein Lied gespielt, dass eigentlich nur aus dem Wort ´Julio´ bestand und im Refrain haben die dann immer total laut ´Julio! Julio! Julio!´ gerufen. Irgendwer kam dann auf die Idee, dass wir auch einen Julio im Team brauchen und dann wurde aus Jan Novak eben unser Julio. Die Band glaubte dann, dass Jan wirklich Julio heißt und hat die ganze Zeit um ihn herum gestanden und mit dem Finger auf ihn gezeigt. Er fand das lustig und musste da als Rookie einfach durch. Das ist jetzt sein neuer Spitzname: Julio!
Lass uns dann noch mal zurück zum Basketball kommen. Wir haben jetzt ja leider eine Niederlagenserie. Wie wichtig wäre jetzt wieder ein Sieg und wieviel Schub würde das der Mannschaft geben?
Wir hatten darauf gehofft, dass das Spiel in Ludwigsburg genau dieses Spiel sein könnte und wir dadurch diesen Schub mitnehmen können. So hatten wir es uns vorgenommen. Das ist jetzt leider nicht eingetreten, aber wir arbeiten weiter hart daran, dass es so schnell wie möglich zum Sieg kommt. Wir spielen ordentlich und verkaufen uns trotz der vielen Verletzungen sehr teuer. Aber es wird jetzt einfach Zeit, dass wir mal wieder eins gewinnen. Wir müssen uns dafür belohnen, dass wir jeden Tag im Training alles geben. Ich sehe uns gegen München absolut nicht chancenlos. Es wird schwer, aber die Stimmung in der Halle wird unglaublich sein und wenn wir an die Energieleistung aus der zweiten Halbzeit in Ludwigsburg anknüpfen, müssen wir uns nicht verstecken und können die Niederlagenserie endlich reißen lassen.
Zum Abschluss, du hast es ja auch schon angekratzt. Es gibt vor den Heimspielen ja immer unsere Expertenrunde (erscheint am Freitag). Wir haben gefragt, wie wichtig auf einer Skala von 1 (unwichtig) bis 10 (extrem wichtig) wird das Publikum, der sechste Mann am Sonntag sein wird. Wie schätzt du das ein?
Ich tue mich mit solchen Skalen immer ein wenig schwer. Aber ich glaube, dass das Publikum einen sehr großen Einfluss haben wird. Also so acht bis zehn. Es ist ja immer eine Interaktion zwischen Fans und uns, also ein Geben und Nehmen. Das Publikum peitscht uns an, wir nehmen das auf und spielen gut, dadurch werden die Fans wieder lauter und so weiter. Aber wir können uns nicht einfach nur darauf verlassen, dass die Fans kommen, uns anfeuern, wir gut spielen und die Partie gewinnen. Aber wir werden sehr motiviert sein und uns von der guten Stimmung anstecken lassen. Das wäre die Idealvorstellung.
„Jetzt dreh ich wirklich durch“ – Marius Nolte im Gespräch
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