Minnesota ist ein gemütlicher Staat. Trotz der großen Fläche – der zweitnördlichste Staat der USA ist mehr als halb so groß wie ganz Deutschland – leben im kalten Norden gerade mal fünf Millionen Menschen. Zu diesen Menschen gehörte bis 2007 Jon Leuer. Der Neuzugang der FRAPORT SKYLINERS ist aufgrund dieser lockeren Atmosphäre in der Heimat auch ein netter Zeitgenosse – abseits des Feldes.
Schon in der High School zeigt sich sein Talent: mit 23,2 Punkten und 12 Rebounds pro Partie dominiert er die Mannschaften anderer Schulen. Vor der 12. Klasse erfährt er einen Wachstumsschub von rund 19 Zentimetern, der zwar sein Dasein als Aufbauspieler beendete, ihn aber nicht sein gutes Ballhandling verlieren lässt. Auch deshalb weckt er das Interesse mehrerer renommierter Universitäten, unter anderem der Wisconsin-Uni, für die sich der nun 2,08 Meter große Flügel entscheidet.
Nach acht Minuten Spielzeit pro Spiel in seiner ersten Saison in Wisconsin, erarbeitet sich Leuer in seinem zweiten Jahr mehr als doppelt so viele Minuten. Seine gute Einstellung und Anlagen werden mit der Beförderung in die Erste Fünf belohnt. Nun war der 104-Kilo-Mann im College-Basketball nicht nur angekommen, sondern hatte sich auch etabliert. In den nächsten zwei Jahren führt der Forward seine Mannschaft jeweils mit 15,4 und 18,3 Zählern pro Spiel und 5,8 und 7,2 Rebounds pro Spiel an – in beiden Jahren erreicht sein Team das College-Meisterschaftsturnier und dringt 2011 bis ins Achtelfinale vor.
Lange schon hatten NBA-Scouts zu diesem Zeitpunkt das Talent im Blick. So kommt es dazu, dass sich die Milwaukee Bucks aus Wisconsin an 40. Stelle in der NBA-Draft für den Lokalhelden entscheiden. Doch aufgrund des anhaltenden Lockouts in der amerikanischen Basketballliga, der nun schon zu einer Absage der ersten Spiele geführt hat, beschließt der 22-Jährige, nach Frankfurt zu kommen, um weiterhin auf hohem Niveau Basketball spielen zu können. „Ich wusste, dass ich hier eine gute Situation vorfinden werde und habe die Chance genutzt“, erklärt Leuer seine Entscheidung.
Schon in seinen ersten Spielen kann der Neuzugang zeigen, was in ihm steckt: zweimal hintereinander greift er sich die meisten Rebounds der Mannschaft. Aufgrund dessen kämpft der US-Amerikaner im Schnitt für 30 Minuten auf dem Spielfeld um den Sieg: 13,3 Punkte und 7,3 Rebounds trägt er im Schnitt bei. Trotz seiner Größe glänzt Leuer mit einem weichen Händchen beim Sprungwurf: in vier Jahren am College traf der Schütze grandiose 36 Prozent von jenseits der Dreierlinie. Die Liebe zum Wurf hat sich Jon von seinen Lieblingsspielern Kevin Garnett und Dirk Nowitzki abgeschaut, die sich beide mit einem ausgereiften Mitteldistanzspiel in der NBA einen Namen gemacht haben.
Auch in der Zone fühlt sich der Power Forward wohl. Mit vielen verschiedenen Täuschungen und Bewegungen kann der 104-Kilo-Mann seine Kraft ausnutzen und unter dem Korb Gefahr ausstrahlen. Das erfuhren jüngst auch Würzburgs John Little und Ben Jacobson auf die spektakuläre Weise: Im Schnellangriff kommt der Bodenpass von Michael Thompson zu Leuer, der dann hochsteigt und mit viel Autorität über die beiden Guards fliegt und den Ball in die Ringanlage drückt. Aber auch filigraner, wie zum Beispiel mit seinem Hakenwurf, kann Jon unter den gegnerischen Körben für reichlich Aufsehen sorgen. „Jon kann sehr variabel spielen“, erklärt Sportdirektor Kamil Novak.
Diese Vielseitigkeit verhalf den FRAPORT SKYLINERS bisher zu zwei Siegen in vier Spielen. „Wir haben viele gute Spieler, aber bis auf Jimmy (McKinney) und Tez (Robertson) haben wir noch nicht sehr lange zusammengespielt“, erläutert Leuer. Doch der US-Amerikaner ist trotzdem froh, am Main zu sein: „Es ist ein toller Verein“, weiß er.
Im nächsten Spiel warten schon zwei Hochkaräter unter den Brettern auf die FRAPORT SKYLINERS und Jon Leuer: Dane Watts und John Bryant von ratiopharm Ulm greifen zusammen 17,3 Rebounds pro Spiel ab, Bryant führt die Beko BBL mit 11,3 Rebounds pro Partie in dieser Kategorie an. Die beiden warten auf den Newcomer in der Kuhberghalle, die am Samstag eines der letzten Beko BBL Spiele in ihrer Geschichte erleben wird. Nach einem letzten Spiel in der alten Halle gegen Phoenix Hagen steht für die Mannschaft aus Ulm der Umzug in die brandneue ratiopharm Arena an, die mit 6000 Leuten Fassungsvermögen beinahe doppelt so groß ist wie die altehrwürdige Kuhberghalle. Demnach kann noch einmal mit wahrer Hexenkessel-Atmosphäre gerechnet werden.
Für den jungen Jon Leuer gilt es cool zu bleiben, weiterhin viele gute Erfahrungen zu sammeln und aggressiv beim Rebound zu agieren. Und wenn sich dann beim Schnellangriff wieder die Gelegenheit ergibt, dann demonstriert er seine Athletik und macht die Kuhberghalle kurzfristig zu seiner Startbahn in Richtung Korbanlage.
Vom ländlichen Minnesota in die Mainmetropole
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