Kamil, die wichtigste Frage natürlich immer zuerst: Was gibt es Neues? Oder anders: Wann gibt es was Neues?
Wir haben in den vergangenen Wochen zwei sehr junge und talentierte Spieler mit Konstantin Klein und Johannes Voigtmann verpflichtet. Beide stehen aktuell und standen auch schon früher in den jeweiligen Nationalmannschaften ihrer Alterklasse. Bei beiden sehen wir viel Perspektive. Die Frage ist nun, wie schnell sie sich entwickeln und an das neue Niveau gewöhnen. Dazu haben wir natürlich auch noch Devin Gibson weiter verpflichtet. Zusammengefasst bedeutet das, dass wir noch bis zu vier Ausländerspots offen haben. Und da gilt es jetzt noch mal abzuwarten, bis wir zur Summer League in Las Vegas und den dort stattfindenden Camps gereist sind. Dort werden wir sehr viele Spieler live beobachten und sehen.
Du hast Johannes und Konstantin angesprochen. War es generell eine Strategie, zunächst vor allem auf den deutschen Positionen Spieler zu verpflichten oder hat sich das aus den allgemeinen Entwicklungen heraus ergeben? Aufgrund der neuen 6+6 Regel braucht man ja bei einem Zwölfer-Kader sechs deutsche Spieler in den eigenen Reihen.
Ja, es war eine Priorität von uns junge deutsche Spieler für zwei, drei Jahre an uns zu binden. Darüber hinaus haben wir versucht Jimmy McKinney weiter zu halten. Da haben wir sehr viel Energie investiert und es hat sich lange hingezogen. Am Ende hat es leider nicht geklappt. Jimmy hat sich ja für ein Angebot aus Würzburg entschieden. Von daher würde ich aber nicht sagen, dass wir uns nur auf die deutschen Spieler beschränkt haben.
Noch eine Frage zu deutschen Spielern sei gestattet: Wie ist der Stand der Dinge bei Tim Ohlbrecht?
Bei Tim ist alles noch offen. Er ist seit einiger Zeit wieder in den USA, um sich so wie letztes Jahr mit einem Personal Trainer individuell vorzubereiten und sich weiter zu entwickeln. Die Intensität der Gespräche ist aktuell ein wenig abgeflacht. Mit Johannes Voigtmann haben wir einen jungen, deutschen Center verpflichtet, der sich über die nächsten Jahre bei uns weiterentwickeln will und dieselbe Position wie Tim spielt. Aber natürlich ist keineswegs ausgeschlossen, dass wir uns mit Tim noch einigen.
Dann lass uns zu etwas anderem kommen und über die Summer League sprechen. Muli, Klaus und du fliegt da demnächst hin. Wie läuft diese „Liga“ ab? Welche Erwartungen steckt man in diese Reise?
Die Idee der Summer League ist, dass die NBA-Clubs viele Spieler testen und aus den dort spielenden Teams Spieler in ihren Kader integrieren. Die Spieler die diesen Sprung nicht schaffen, und das ist der Großteil, versuchen dann bei europäischen oder internationalen Clubs zu spielen. Dieses Jahr sind dort 24 NBA-Teams vertreten, jedes Team hat zehn bis zwölf Spieler, dass heißt, dass man jede Menge Spieler auf einen Schlag beobachten kann. Zusätzlich finden auch noch andere Camps von Spieleragenturen statt. Da sieht man auch noch mal eine Menge Spieler. Von neun bis 22 Uhr sieht man also den ganzen Tag in verschiedenen Hallen Basketball. Das ist richtig anstrengend und viel Arbeit. Wie wir dann vor Ort vorgehen, dass entscheiden wir dort, da die Abläufe jedes Jahr ein wenig unterschiedlich sind und neue Camps dazu kommen. Meistens schauen wir uns die Camps gemeinsam an und jeder sammelt seine Eindrücke, die wir abends teilen und über die gesichteten Spieler reden. Dann folgen die ersten Vorgespräche mit den Agenten, ob man denn auch finanziell auf einer Wellenlänge ist oder ob man von vornherein völlig unterschiedliche Ansichten hat.
Gibt es schon vorab Spieler die dort teilnehmen, die man auf dem Radar hat und von denen man sich jetzt einen genaueren Eindruck machen möchte?
Man hat sicherlich schon paar Namen auf der Liste die entweder bei der Summer League spielen oder bei einem der Camps teilnehmen. Aber man muss auch vor Ort flexibel sein, denn dort bekommt man immer wieder neue Listen, neue Namen und erst wenn man in der Halle steht, sieht man wer wirklich da ist.
Welche Spieler aus unserer Vergangenheit habt ihr denn bei der Summer League gesehen und anschließend verpflichtet?
Letztes Jahr hat die Summer League nicht stattgefunden, aber im Jahr davor hat zum Beispiel DaShaun Wood teilgenommen, auch wenn er wegen seinem damaligen Verletzungshintergrund nicht so viel Spielzeit hatte. Schon damals haben wir mit seinem Agenten gesprochen, auch wenn sich der Prozess dann noch hingezogen hat und man sich später geeinigt hat. Andere Beispiele sind Seth Doliboa, Lorenzo Gordon oder auch Grayson Moyer.
Welche Faktoren berücksichtigt ihr bei der Spielersuche. Das spielerische Potenzial ist klar, aber welche weiteren Faktoren beachtet ihr?
Das sind ganz viele Dinge. Das wir dort einen uns vorher unbekannten Spieler sehen und sofort verpflichten, kommt nicht vor. Das war auch bei den genannten Beispielen nicht anders. Man muss eine Menge Recherche zu den Spielern betreiben, redet mit den ehemaligen Clubs, Trainern oder Mitspielern, um sich ein besseres Bild machen zu können. Ich hoffe, dass unsere Fans in den letzten Jahren gesehen haben, dass unsere Teams immer Teamgeist hatten. Und so etwas hat ein Spieler oder hat er nicht. Natürlich kann man sich im Rahmen eines Teams auch als Person entwickeln, dass ist völlig unbestritten, aber eine gewisse Teamfähigkeit muss man schon im Blut haben. In diese Richtung versucht man viele Informationen zu sammeln. Alles weiß man natürlich nie und auch wenn man zehn super Kämpfer im Kader hat, bedeutet dass noch lange nicht, dass auch die Mannschaft super kämpft, denn es muss auch untereinander funktionieren. Da spielen viele kleine Dinge eine Rolle.
Kannst du uns einen Einblick geben, welche Spielertypen man aktuell gezielt sucht? Und wenn nicht Spielertypen, dann vielleicht Positionen?
Es ist natürlich kein Geheimnis, dass wir auf der Position Zwei einen neuen Mann für Jimmy suchen. Wir suchen auf der Position Vier und Fünf und auch der Eins. Wir suchen prinzipiell gute Spieler, die in Frankfurt spielen wollen, die sich weiter entwickeln wollen, die gewinnen und kämpfen wollen.
Gibt es da bestimmte Anforderungsprofile? Zum Beispiel, dass der Zweier gut werfen kann und verteidigt, der Vierer Rebounds holt und den Fastbreak mitläuft?
Man hat natürlich Vorstellungen was ein Spieler mit sich bringen sollte. Aber jeder Spieler ist unterschiedlich und man versucht Dinge zu kompensieren und aufeinander abzustimmen. Wenn man zum Beispiel einen Fünfer hat, der ein toller Rebounder ist, aber nicht so viel punktet und bei dem man das Gefühl hat, dass er gut ins Team passt, dann könnte der Vierer eher ein Scorer sein. Man spielt da sehr viel, dass ist ein sehr flexibles System. Aber natürlich gibt es ein bestimmtes Korsett, bzw. ein Mindestanforderungsprofil, dass wir anwenden.
Gehen wir mal weg von den zu suchenden Spielern und gehen noch mal auf die jungen Spieler ein, die im Kader sind. Mit Danilo, Konstantin und Johannes Voigtmann stehen drei aktuelle Spieler in unseren Reihen, die im Moment mit den DBB-Auswahlmannschaften unterwegs sind. Welche Rolle werden sie in der kommenden Saison einnehmen?
Alle drei gehören in ihrer Altersklasse zu den Topspielern in Deutschland. Dass heißt, dass Talent vorhanden ist. Bei jungen Spielern ist die wichtigste Phase der Übergang vom Jugend- oder ProA/ProB-Bereich zur Beko BBL. Dieser Übergang ist ein sehr schwieriger Prozess und es gibt nicht allzu viele Spieler, die dies völlig reibungslos schaffen. Das Erste was die drei brauchen ist eine super Einstellung. Da denke ich, sind alle drei sehr gut dabei, die wollen es schaffen. Das Zweite ist Geduld. Es ist eine schwierige Phase, die auch psychisch nicht immer leicht zu handhaben ist, wenn man sich immer wieder durchbeißen muss, um ein paar Minuten zu spielen. Da zeigt sich, wie tough ein Spieler ist, wie er mit schwierigen Situationen umgehen und Probleme lösen kann. Auch Probleme abseits vom Spielfeld, vom Studium oder der Ausbildung bis hin zur Freundin sind Bereiche die auf einen Spieler einwirken. Das Alter zwischen 17 und 22 ist sehr entscheidend und spannend. Ich glaube aber, dass alle drei das Zeug haben. Danilo hat schon letztes Jahr gezeigt, dass er sich entwickelt. Das ging bei ihm sogar relativ schnell. Leider kam dann ein wenig der Dämpfer mit seiner Verletzung…
…Die ja auch zu einem unglücklichen Zeitpunkt kam…
Ja, das war wirklich schade. Es war in einer Phase der Saison, in der wir viele andere Verletzte hatten und Jon Leuer den Sprung in die NBA geschafft hat. Da hätte Danilo nicht nur mehr spielen können, sondern müssen und es wäre sehr interessant zu sehen, wo Danilo am Ende der Saison gewesen wäre. Nichtsdestotrotz hat Danilo gezeigt, was in ihm steckt und ich wünsche mir, dass er auch denn nächsten Schritt macht und bei Konstantin und Johannes das sie den ersten Schritt machen. Also sich in Frankfurt und ins Team integrieren oder sich an das Training gewöhnen. Um es diesen Spielern sportlich ein wenig einfacher zu machen, sie sicher viele - mehr oder weniger – ´garantierte Spielminuten´ bekommen, betreiben wir unter anderem das ProB-Team. Hier können sie sich spielerisch weiterentwickeln, denn Training ist nur die eine Seite, spielen ist aber auch wichtig. Die Voraussetzungen sind dafür sehr gut: Die Juniors trainieren in derselben Halle, jetzt mit Eric als Headcoach in der ProB und als Assistant Coach bei den Profis ist eine perfekte Brücke geschlagen. Wir sind da auf einem sehr guten Weg, jungen, talentierten und vor allem hungrigen Spielern eine sehr gute Basis anzubieten. Ich freue mich darauf, die Entwicklung der drei weiter zu beobachten.
Als abschließende Frage: Viele Fans werden langsam unruhig ob der Tatsache, dass andere Teams aktiver auf dem Spielermarkt sind als wir. Wie kannst du diese Fans beruhigen?
Ich kann allen Fans versichern, dass wir am 3. Oktober zum Saisonstart in Ludwigsburg eine Mannschaft haben werden. Ich bin guter Dinge, dass wir wieder ein sehr kämpferisches Team stellen, welches eine gute Rolle in der Liga spielen wird und mit der wir alle viel Spaß haben werden. Jedes Team hat seine eigenen Möglichkeiten und Strukturen (überlegt einen Moment)… der Sommer ist noch lang.
"Wieder ein sehr kämpferisches Team stellen" - Kamil Novak im Gespräch
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