Einige Teams in der Bundesliga haben ihre Etats weiter erhöht. Hat ihre Mannschaft finanziell den Anschluss an die obere Hälfte der Liga verloren?
Die Beko BBL ist auf bestem Weg, sich zur wirtschaftlich stärksten und sportlich interessantesten Liga - außerhalb des Fußballs - in Deutschland zu entwickeln. Das durchschnittliche Budget der Beko-BBL-Clubs hat sich in den letzten 4 Jahren fast verdoppelt. Wir stagnieren seit einigen Jahren und fallen somit jedes Jahr etwas weiter zurück. Wir haben wirtschaftlich den Anschluss an das obere Drittel der Liga verloren.
Was sind die Gründe für das Zurückfallen von Frankfurt?
Unsere mehr oder weniger ausgeschöpften Einnahmepotentiale im Sponsoring und Ticketing bei einer sich gleichzeitig weiterentwickelnden Liga. Selbst in Jahren in denen wir wie letzte Saison alle Werbeflächen vollständig vermarktet hatten erreichen wir kaum noch das Durchschnitts-Budget der Beko BBL-Clubs. Frankfurt steht am Scheideweg.
Wie entscheidend sind die wirtschaftlichen Voraussetzungen für sportliche Erfolge?
Sportliche Erfolge sind ein Mix aus wirtschaftlichen Voraussetzungen, Managemententscheidungen und Glück. Die wirtschaftlichen Voraussetzungen machen dabei im Basketball meiner Einschätzung nach 70 bis 80% der Erfolgschancen aus. Wenn man die Leistungsfähigkeit des eigenen Umfeldes genau einschätzen kann wird sportlicher Erfolg dadurch extrem planbar. „Erfolg“ ist in diesem Zusammenhang aber auch 1 zu 1 durch „Misserfolg“ ersetzbar.
Wie groß ist die Rolle des Glücks?
Es spielt in einzelnen Situationen vielleicht eine Rolle – die bei mittelfristiger Betrachtung aber viel kleiner ist als man gemeinhin glauben mag. Glück (und Pech) treffen jeden Club statistisch genauso oft wie seine Mitbewerber: Es kommt also darauf an was man aus dem Eintreffen eines glücklichen (unglücklichen) Umstandes macht und damit letztendlich wie man sich auf diesen Moment vorbereitet hat - und zwar im positiven wie im negativen Ereignisfall.
Das heißt Sie müssen zukünftig neue Ziele definieren?
Was die kurzfristigen sportlichen Saisonziele in der BBL betrifft haben wir das schon vor der letzten Saison machen müssen. Fakt ist: Mit den derzeitigen Voraussetzungen in Frankfurt kann das sportliche Ziel „Top-Team in der Bundesliga“ heute und in Zukunft nicht mehr erreicht werden. Dazu sind mittlerweile zu viele Standorte wirtschaftlich zu stark aufgestellt.
Und Ihre europäischen Ambitionen?
Über unsere grundsätzlich nach wie vor vorhandenen europäischen Ambitionen/Visionen sollte sich aus oben genannten Gründen derzeit keiner den Kopf zerbrechen. Wir verzichten aus diesem Grunde diese Saison auf die Teilnahme an einem internationalen Wettbewerb, obwohl eine Teilnahme daran zu unserem Grundverständnis und zu unseren Grundzielen gehört. Dies hat allerdings in der kommenden Saison den Charme, dass wir dadurch unserem regionalen Ziel - der Nachwuchsentwicklung im Breiten- und Leistungsbereich - mehr Ressourcen und Energie zur Verfügung stellen können.
Wie ist das zu verstehen?
Wir haben in den letzten Jahren aus Budget-Gründen u.a. auf einen zweiten Assistant-Coach und einen Athletiktrainer verzichtet und das eingesparte Geld stattdessen in den Spieleretat gesteckt. Diese Vollzeitstellen braucht man nicht nur für die Profis (Klaus kann und hat das im Bundesligakader super kompensiert) - sondern insbesondere auch wenn das Ausbildungs-System im Leistungsnachwuchsbereich richtig funktionieren soll. Ich bin extrem glücklich darüber, dass wir dieses strukturelle Defizit nun mit der Verpflichtung von Eric Detlev und Dennis Wellm behoben haben und damit die ohnehin sehr guten Voraussetzungen für die Nachwuchsarbeit hier in Frankfurt nochmals verbessern konnten.
Haben Sie Hoffnung, dass die neue Multifunktions-Halle am Kaiserlei tatsächlich gebaut wird?
Ja natürlich - wir alle warten mit Spannung auf die bevorstehende und für diese Tage angekündigte Ausschreibung. Wir kämpfen - gemeinsam mit unserem Förderkreis und unseren Partnern - seit einigen Jahren um jeden Zentimeter bei diesem Thema. Wir versuchen weiter den BBL-Spielbetrieb aufrecht zu erhalten - und bis zum Bau der Arena sportlich zu überleben.
Und dann können die alten Ziele wieder angegangen werden?
Ohne eine zeitgemäße Infrastruktur kann es - ohne Mäzenatentum und/oder erhebliche öffentliche Fördergelder – keinen wirtschaftlich gesunden Profisport geben. Das gilt für jeden Standort - und für Fußball, Eishockey und Handball gleichermaßen wie für Basketball. In der Politik nennt man das meist „alternativlos“. Aber auch dann bleibt es natürlich harte Arbeit. Wir brauchen z.B. einen Mietvertrag, der uns wirtschaftliches Wachstum ermöglicht um wieder oben angreifen zu können.
Der Beschluss der schwarz-grünen Koalition in Frankfurt das Grundstück am Kaiserlei auszuschreiben ist mittlerweile über ein Jahr alt. Wie ist der aktuelle Stand?
Wir danken allen voran Markus Frank und Olaf Cunitz dafür, dass sie sich für das Projekt stark gemacht und es im Koalitionsvertrag verankert haben. Die für den Bau der Arena benötigten Grundstücke aus Offenbach sind der Stadt Frankfurt bereits vor einigen Monaten abgetreten worden. Wir investieren viel Zeit um die interessierten Betreiber und Investoren, die seit Sommer 2011 auf die Ausschreibung warten, weiter für das Projekt zu begeistern. Glücklicherweise unterstützen auch die Oberbürgermeister der Städte Frankfurt und Offenbach – Peter Feldmann und Horst Schneider - das gemeinsame interkommunale Projekt ausdrücklich. Das alles gibt uns neben dem Koalitionsbeschluss die Grundlage weiter zu kämpfen.
Der ehemalige Hauptsponsor Deutsche Bank war im vergangenen Jahr noch der Trikotsponsor. Wird sich das Geldhaus auch künftig bei den Fraport Skyliners engagieren?
Diese Frage kann ich heute noch nicht abschließend beantworten. Unabhängig davon sollten wir aber eines nicht vergessen: Wir haben letzten Sommer mit der Fraport einen neuen Namensgeber und Hauptsponsor gefunden, der sich langfristig zu uns und unseren Zielen bekannt hat. Möglich ist der Fraport-Einstieg zu diesem Zeitpunkt letztendlich nur durch eine - zunächst in dieser Höhe nicht eingeplante Unterstützung der Deutschen Bank - geworden. Dafür und für die sehr gute Zusammenarbeit in den letzten sieben Jahren bedanke ich mich im Namen der gesamten Basketballfamilie der Fraport Skyliners, und natürlich auch persönlich.
Droht ihrem Team womöglich ein Abstiegskampf?
Vielleicht, aber wenn, dann spielen wir um den Klassenerhalt, nicht gegen den Abstieg J. Wir sind grundsätzlich mit der Kader Zusammenstellung und seinem Potential – insbesondere bei den deutschen Spielern - für diese und die kommenden Jahre sehr zufrieden. Wir hatten ja mit Tez, Joe Herber und Danilo Barthel - der diese Saison den nächsten Schritt machen soll/muss – bereits drei Spieler unter Vertrag und konnten uns mit Marius und Devin frühzeitig auf eine weitere Zusammenarbeit für weitere zwei Jahre verständigen. Danach lag - neben der Weiterverpflichtung von Jimmy, die wir schon seit der Hinrunde der letzten Saison betrieben haben – der Fokus diesen Sommer zunächst darauf, junge deutsche Talente länger unter Vertrag zu nehmen. Auf der Position 1 und 5 haben wir die beiden deutschen Wunschspieler für BBL und Juniors bekommen – auf der Position drei gibt es noch einen weiteren „Back-up-BBL/Juniors-Starter-Platz“ den wir jetzt zunächst unbesetzt lassen werden.
Aber das reicht wohl noch nicht um „die Klasse zu halten“, oder?
Nein - vermutlich noch nicht. Aber wir sind mit der Verpflichtung von Dion Dowell hoffentlich Qualitätsmäßig einen wichtigen Schritt weiter gekommen und es ist ja auch noch nicht aller Tage Abend. Das Grundgerüst an jungen Spielern, insbesondere den deutschen, stimmt jedenfalls - für heute und was eigentlich noch wichtiger ist: auch für die nächsten Jahre! Als nächstes stehen die Entscheidungen über die beiden sich im Try-Out befindenden Spieler Jonathon Jones und Anthony Jones an. Die 6. Ausländerstelle werden wir zunächst frei lassen. Das gibt unseren jungen deutschen Spielern in den nächsten Wochen Raum sich zu beweisen und zu entwickeln. Diese Investition in die Zukunft stellt ein gewisses sportliches Risiko dar, dass wir bewusst und mit tiefster Überzeugung eingehen. Die Zukunftschancen unseres Clubs definieren sich nicht darüber auf welchem Tabellenplatz wir diese Saison abschneiden, sondern darüber ob die Halle kommt.
Wann wird sich das mit den Testspielern entscheiden, die Zeit drängt doch für die kommende Saison?
Ja – wir sind sehr spät dran. Aber wir wollen uns die Möglichkeit, auch diese Saison noch ein wettbewerbsfähiges Team zu haben möglichst lange offen halten. Das geht natürlich ggfls. etwas zu Lasten der Saisonvorbereitung ist aber für dieses Ziel notwendig. Spätestens Ende September müssen wir dann gemeinsam mit unseren Partnern entscheiden in welche Richtung es diese Saison gehen wird. Der Mannschaftsmeldebogen muss spätestens am 29. September eingereicht werden. So oder so – eins ist sicher: Wir werden auf unsere Nachwuchsspieler setzen und Sie nach besten Kräften dabei unterstützen möglichst schnell in der Beko BBL Fuß zu fassen.
Sie haben mit Danilo Barthel, Johannes Voigtmann und Konstantin Klein drei hoffnungsvolle junge Deutsche im Kader. Wer hat das größte Potenzial und wer darf auf die meiste Einsatzzeit hoffen?
Alle drei haben sich bisher im Training und in den Vorbereitungsspielen hervorragend präsentiert. Und was noch wichtiger ist - sie haben das Talent und die richtige Einstellung um in Frankfurt zu spielen: Sie arbeiten hart und sind Kämpfernaturen. Und genau das wird unser Team auch kommende Saison wieder tun müssen um erfolgreich zu sein: Kämpfen bis zum umfallen und niemals aufgeben. Die gegnerischen Mannschaften in der Beko BBL sind nochmal stärker geworden. Es finden immer mehr Top-Spieler den Weg in die Liga, für die alleine es sich in der kommenden Saison schon lohnt in die Fraport Arena zu kommen – ich sage nur Boštjan Nachbar! Und Dirk Nowitzki spielt Anfang Oktober mit seinen Dallas Mavericks in der O2 World gegen Alba Berlin, wow! Vielleicht kommt Dirk ja auch noch vor seinem Karriereende in die Beko BBL wenn Uli Hoeneß es wirklich will. Die Liga entwickelt sich, nichts ist unmöglich!!!
Was sagen die Fans dazu das Jimmy McKinney nach 6 Jahren nicht gehalten werden konnte?
Sie sind genauso enttäuscht wie wir – alles andere wäre auch unverständlich. Es wurmt schon sehr, dass es uns nicht gelingt etwas mehr Kontinuität im Kader zu haben und z.B. einem Spieler wie Jimmy eine Perspektive bei uns zu bieten. Es war zwar schon immer so, dass wir die besten Spieler immer wieder abgeben mussten, nachdem sie sich bei uns weiterentwickelt haben. Meist ins Ausland, zuletzt auch mal nach Berlin. Das dies, insbesondere nach sportlich erfolgreichen Jahren passiert ist ganz normal und trifft ja auch Teams wie Bamberg. Eine neue Realität und Qualität für uns ist allerdings, dass bereits jetzt geschätzte 9 oder 10 Beko-BBL-Teams für einen Spieler wie Jimmy deutlich höher dotierte Angebote machen können und das selbst Bremerhaven mehr für Jacob Burtschi bieten kann als wir. Für uns kommt das allerdings keineswegs überraschend, für manch einen Fan offensichtlich schon.
Was antworten Sie den Fans?
Wir alle haben die Möglichkeit Jimmy am 27.09. beim Benefizspiel zugunsten der Hans-Thoma Schule ordentlich zu verabschieden. Wir danken Würzburg sehr, dass Sie sofort eingewilligt haben dieses „Saisonvorbereitungs-Abschieds-Spiel“ zu machen als wir nachgefragt haben. Auch wenn es schwer fällt. Wir alle müssen uns in Geduld üben und uns möglichst gut für den Moment vorbereiten, in dem uns „das Glück trifft“. D.h. wir müssen heute weiter versuchen die Dinge zu beeinflussen und richtig zu machen, die in unserer Macht stehen. Für die Fans heißt das für eine gute Stimmung und eine faire Atmosphäre sorgen und unser junges Team lauthals zu unterstützen. Die Jungs werden es zurück geben, da bin ich mir sicher. Sie werden wieder kämpfen bis zum umfallen.
Interview mit Gunnar Wöbke
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