(Mittwoch, 13. September 2006 -
Pressemitteilung Basketball Bundesliga)
Nach 15 Jahren an der Spitze der Arbeitsgemeinschaft der Basketball Bundesliga (BBL) tritt Wolfgang Kram bei der Jahreshauptversammlung am 20. September in Berlin nicht mehr zur Wahl an – Eine Bilanz und ein Ausblick
Als Wolfgang Kram im September 1991 zum Präsidenten der Arbeitsgemeinschaft der Basketball Bundesliga (BBL) gewählt wurde, steckte die Liga noch in ihren Kinderschuhen: Die Klubs waren in zwei regionalen Sechserstaffeln (Nord und Süd) eingeteilt, die Spiele wurden zum Teil in viel zu kleinen und überfüllten Turnhallen ausgetragen, das Fernsehen machte einen großen Bogen um die Sportart, in der schon damals die US-Amerikaner für hohen Unterhaltungswert sorgten.
Anno 2006 ist die BBL eine prosperierende 18er-Liga. Für das operative Geschäft zeichnet seit 2000 ein Geschäftsführer verantwortlich, die Vereine sind längst GmbHs oder Kapitalgesellschaften und mit einstelligen Millionenetats ausgestattet, die modernen Multifunktions-Arenen sorgen für stetig steigende Zuschauerzahlen – und das sportliche Niveau ist durch „Bosman“ und die Öffnung des Transfermarktes deutlich gestiegen.
Nach Ansicht von Wolfgang Kram, der maßgeblich an der Professionalisierung der Liga mitgewirkt hat, ist die Entwicklung der Liga jedoch längst noch nicht abgeschlossen. Er sieht in den kommenden Jahren noch weitere, wichtige Herausforderungen auf die Liga zukommen, die allerdings ohne den Wirtschaftsprüfer und Steuerberater bewerkstelligt werden müssen. Nach 15 Jahren an der Spitze der BBL zieht sich der 65-Jährige, der seit Oktober 1997 auch Vorsitzender des Aufsichtsrats ist, aus dem Geschäft zurück. Am 20. September 2006 leitet der BBL-Präsident zum letzten Mal die Jahreshauptversammlung der Arbeitsgemeinschaft. Grund genug, Bilanz zu ziehen und einen Ausblick zu wagen.
Herr Kram, was hat Sie damals bewogen, für das Amt des BBL-Präsidenten zu kandidieren?
Kram: „Wenn ich das noch wüsste. Was mir immer etwas rätselhaft war, warum die Mitglieder mich zum Präsidenten gewählt haben.“
Wie waren seinerzeit die Strukturen?
Kram: „Die Arbeitsgemeinschaft, die 1985 gegründet wurde, stimmte im Wesentlichen das operative Geschäft ab. Da seinerzeit das Einstimmigkeitsprinzip herrschte, konnten Beschlüsse, die für den einen oder anderen mitunter schmerzhaft waren, nicht gefasst werden. Dem Vorsitzenden kam in den Treffen die Moderatorenrolle zu.“
Wie lange hat es gedauert, bis die ersten Ideen verwirklicht wurden und welche waren es?
Kram: „Fast allen war bewusst, dass wir eine Satzungsänderung brauchten, um uns vom Einstimmigkeitsprinzip zu lösen. Aber auch dieser Beschluss bedurfte der Einstimmigkeit. In einer recht dramatischen Sitzung in Bayreuth 1996 stand die AG Basketball Bundesliga praktisch vor dem Aus, als ein solcher Satzungsbeschluss wegen einer Gegenstimme nicht zustande kam. Um die Idee einer starken Interessenvertretung für die Bundesligisten weiter zu verfolgen, wurde in dieser Sitzung spontan ein zweiter Verein mit dem Namen ‚Assist’ gegründet. Auf der Rückseite einer Speisekarte entstand durch den Bamberger Ernst Dünisch eine Satzung – und ‚Assist’ war geboren. Die AG bestand nur noch formal. Im Jahre 1998 gelang es dann auch, in der AG eine Einstimmigkeit zu erzielen, um die Einstimmigkeit aufzugeben.“
Was waren aus Ihrer Sicht die wichtigsten Weichenstellungen?
Kram: „Neben der Herstellung einer handlungsfähigen Organisationsstruktur war dies sicherlich die Gründung der BBL GmbH in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Basketball Bund. Dadurch wurde der Profi-Liga ein eigenes Führungsinstrument gegeben, das seitdem die Spiele um die Deutsche Meisterschaft ausrichtet. Die Entscheidung für diese Struktur hatte seinerzeit in Deutschland Vorbildcharakter. Später haben sich daran viele andere Profi-Sportarten orientiert.“
Gibt es eine Entscheidung, die Sie bereut haben?
Kram: „Reue ist in diesem Zusammenhang wohl ein zu großes und zu persönliches Wort. Rückgängig gemacht haben wir viele Entscheidungen, wobei ich in all’ den Jahren allein nie eine Entscheidung gefällt habe, da ich als Präsident kein Stimmrecht hatte – und das war auch gut so. In einer solchen Position ist es nicht hilfreich, sich auf seine Autorität kraft Amtes zu berufen. Um Ziele zu erreichen, muss man überzeugen können – in einer Sache und als Person. Für mich war es spannend, diese Entscheidungsprozesse in unserem heterogenen Gremium zu verfolgen. Auch heute bewundere ich noch, wie die Bundesligisten immer wieder ihre Einzelinteressen dem gemeinsamen Ziel unterordnen.“
Wie bewerten Sie die Entwicklung der BBL in den zurückliegenden 15 Jahren?
Kram: „Hier sprechen die Fakten für sich: Die Vereine haben sich großartig entwickelt, und wir haben einen sportlich hochklassigen Wettbewerb. Vor 15 Jahren war es schon ein Erfolg, wenn ein Verein zum Beispiel bei einem Spiel die 1.000-Zuschauer-Marke überschritten hat. Heute können wir große Arenen füllen.“
Wo sehen Sie die BBL heute im Vergleich zu Handball und Eishockey einerseits und im Vergleich zu den europäischen Basketball-Ligen andererseits?
Kram: „Ich finde es nicht zweckmäßig, sich mit anderen Ligen zu vergleichen. Diese haben sich ebenfalls gut entwickelt und leisten hervorragende Arbeit. Das hilft dem Sport insgesamt und somit auch dem deutschen Basketball. Zum europäischen Vereins-Basketball ist zu sagen, dass ein Großteil unserer Klubs nicht über die Etats verfügt, wie beispielsweise einige der süd- oder südosteuropäischen Vereine. Es gibt in Deutschland nicht den großen Mäzen, der auch unter Hintanstellung von wirtschaftlichen Erwägungen die Etats sicherstellt. Aber das sollten wir nicht bedauern. Unsere Vereine müssen ihre finanziellen Mittel mit ihren Marken erwirtschaften. Ich bin überzeugt, dass es langfristig besser für die Stellung der Bundesligisten in Europa ist.“
Vor welchen Herausforderungen steht die BBL in den kommenden fünf Jahren?
Kram: „Der Sport insgesamt wird noch mehr gesellschaftspolitisch an Bedeutung gewinnen – und damit auch der Basketball. Wir sind die Sportart, die, weltweit gesehen, wohl am internationalsten ist. Ich bin überzeugt, dass unser Sport wie kein anderer dazu beiträgt, die Integration der Jugend mit Migrationshintergrund zu fördern. Basketball erzeugt aber auch wie kein anderer Sport überall die gleichen Träume und Sehnsüchte. Er prägt entscheidend die Jugendkultur. Somit haben wir eine besondere gesellschaftspolitische Verantwortung.“
Welchen Rat würden Sie Ihrem Nachfolger mit auf den Weg geben?
Kram: „Ich bin sicher, dass die Bundesligisten einen sehr guten Nachfolger wählen werden. Er wird keinen Ballast von guten Ratschlägen brauchen. Meine Aufgabe ist es, ihm keine Hypothek aus der Vergangenheit zu überlassen. Dies ist mir weitgehend gelungen.“
Was wünschen Sie sich persönlich für Ihre Zukunft und die der BBL?
Kram: „Spannende Zeiten! Das hält uns beide jung.“