Der Point Guard, zu deutsch "Aufbau- spieler" oder "Spielgestalter", ist der verlängerte Arm des Trainers. Er sagt die Systeme an, die der Coach vielleicht gerade während des Time-outs unter Hochdruck aufs Clippboard gepinselt oder ihm während eines kurzen Breaks ins Ohr gebrüllt hat.
An ihm hängt es, ob ein Spielzug Punkte für den Sieg oder Einträge für die Ball- verlust-Statistik bringt. Ein Coach muss sich darauf verlassen können, dass sein Stellvertreter auf dem Feld die richtigen Entscheidungen trifft. Oft eine Frage des Vertrauens, der Chemie und der gemeinsamen Erfahrung. Nur ein Team, das in dieser Saison im Play-off Semi-Finale der BBL steht, tritt mit einem Rookie Point Guard an.
ALBA Berlin
Coach: Emir Mutapcic
Point Guard: DeJuan Collins
Saisons zusammen: 2
Bilanz Saison 2003/2004: 20 Siege, 8 Niederlagen
Play-off Stats (Collins): 12.8 Punkte, 2.0 Assists, 2.2 Turnovers, 30:53 Minuten
Was wäre, wenn Mithat Demirel hundertprozentig fit in die Play-offs gehen könnte? Diese Frage stellen sich alle BBall-Fans, die den 1.80 m kleinen Wirbelwind spätestens seit seinem furiosen Vorjahresfinish in ihr Herz geschlossen haben. DC Collins ist zwar gut fünf Zentimeter größer, kompakter und sprunggewaltiger. Neigt aber dazu, in der Crunch Time die Übersicht zu verlieren, während Demirel mal locker die Shotclock runter rasseln lässt, um dann den tödlichen Pass zu spielen. Mutapcic baut vor allem auf die Defense-Qualitäten des 27-jährigen Amerikaners. Collins verteidigt hart und ist nicht zuletzt ein sicherer Schütze mit unerbittlichem Drang zum Korb.
GHP Bamberg
Coach: Dirk Bauermann
Point Guard: Steffen Hamann
Saisons zusammen: 3
Bilanz Saison 2003/2004: 17 Siege, 11 Niederlagen
Play-off Stats (Hamann): 7.7 Punkte, 3.0 Assists, 4.0 Turnovers, 25:54 Minuten
Ins aggressive Defense Konzept der "Bauermänner" passt der 23 Jahre junge All Star und Nationalspieler wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge. Hamann bewacht seine Gegner Terrier-like wie weiland Berti Vogts. Dazu hat das 1.86 m große Bamberger Eigen- gewächs eine Mörderkondition. Knackpunkt: an der Freiwurflinie zu wackelig (62,5 % in der Saison).
Kann mit Druck ebenso umgehen wie mit den "Steffi, Steffi" Schmährufen, die ihm von Kleingeistern in den Basketball Arenen dieser Republik entgegen ge- brüllt werden. In den heißen Phasen der Play-offs wird Bauermann wohl ver- stärkt auf die Abgezocktheit von Hamanns Mentor Derrick Taylor (40) setzen. In der ersten Runde fiel Hamanns Einsatzzeit um durchschnittlich vier Minuten, Taylors stieg von 24:14 auf 29:07 Minuten.
Telekom Baskets Bonn
Coach: Predrag Krunic
Point Guard: Aleksandar Capin
Saisons zusammen: 1
Bilanz Saison 2003/2004: 19 Siege, 9 Niederlagen
Play-off Stats (Capin): 17.0 Punkte, 3.8 Assists, 1.8 Turnovers, 35:37 Minuten
Der jüngste Starting Point Guard in den Play-offs. Mit dem gerade mal 21 Jahre alten Rookie, der unter Krunic seine erste BBL-Saison absolviert, endetet die Ära der US-Spielmacher auf dem Hardtberg. "Aleksandar spielt mit beeindruckender Intensität in Abwehr und Angriff und das ohne Pause", schwärmt sein Headcoach auf der Bonner Homepage. Capin macht die meisten Punkte, verteilt die meisten Assists und produziert die wenigsten Ballverluste aller Play-off Point Guards. Auch wenn Veteran Aleksandar Nadjfeji als engster Krunic-Vertrauter gilt. Der mit schnellen Beinen und hoher Spielintelligenz gesegnete Capin hat von seinem Trainer "carte blanche". Selbst wenn das 1.87 m Talent mal wieder zu sehr auf Risiko zockt.
OPEL SKYLINERS
Coach: Gordon Herbert
Point Guard: Pascal Roller
Saisons zusammen: 3
Bilanz Saison 2003/2004: 19 Siege, 9 Niederlagen
Play-off Stats (Roller): 11.8 Punkte, 2.6 Assists, 2.0 Turnovers, 32:11 Minuten
Der Franchise Player eines Teams, der die Marke in den Medien repräsentiert, muss nicht zwangsläufig der Anführer des Rudels sein. Zum einen wird man ernannt, zum anderen geboren. Gut für uns, dass Pascal Roller beide Rollen glänzend übernimmt. Vor der Kamera tritt der dreimalige All Star genauso souverän auf, wie er auf dem Parkett die Bälle verteilt.
Nach der Ära Kai Nürnberger und dem Gastspiel von Travis Conlan gibt Pascal im Frankfurter Aufbau den nach eigener Aussage "klassischen Point Guard", der eher für andere kreiert, als selbst den Abschluss sucht. 212 Würfe nahm der gebürtige Heidelberger in dieser Saison. Deutlich weniger als in vorangegangen Spielzeiten (245, 259). "Pascal ist unser Leader. Der Mann, der Impulse gibt, unser Tempo kontrolliert und an dem sich das Team aufrichten kann", so Gordon Herbert.
Verantwortung, die nicht immer leicht zu schultern ist (siehe Pokalfinale 2004). Aber unser Kapitän ist mit 27 Jahren mental stark genug, um auch stürmische Zeiten zu überstehen. Schon legendär: seine nicht vorhandenen Nerven an der Freiwurflinie. 85 % in der Saison, 12/12 in Spiel 5 gegen Köln - Respekt! Auch andere BBL-Trainer schwärmen vom Nationalspieler. Joe Whelton: "Pascal glänzt nicht nur als Ideengeber, sondern auch als Scorer von jenseits der 3-Punkte-Linie. Ein weiterer Pluspunkt ist seine Schnelligkeit. Dadurch ist er nur sehr schwer zu verteidigen."